Klimapolitik: Anspruchsvolle Klimaziele für die kommenden 5 Jahre

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Ursula von der Leyen wird Jean-Claude Juncker als Präsidentin der Europäischen Kommission beerben und damit nach mehr als 50 Jahren die erste Frau an der Spitze der EU-Regierung sein.

Das Ringen um den Kommissionsvorsitz war zäh und die von den Grünen dominierte Debatte um den Klimawandel war bereits im Wahlkampf eines der entscheidenden Themen. Auch weil sich von der Leyen die Stimmen der Grünen im Europaparlament sichern wollte, hat sie den Klimaschutz zu dem zentralen Anliegen ihrer Kommissionspräsidentschaft gemacht. Nun verfolgt sie ein radikales Programm für den Klimaschutz und für CO2-Reduktion, das vor allem ihrer eigenen Fraktion im EU-Parlament, der Europäischen Volkspartei (EVP) einiges abverlangen dürfte.

Anspruchsvolle Klimaziele für die kommenden 5 Jahre

Der Vorsitz von der Leyens in der EU-Kommission soll eine radikale Verschärfung der ohnehin bereits sehr anspruchsvollen Klimaziele der EU bringen. Bis 2030 plant sie eine Reduktion des Ausstoßes des klimaschädlichen CO2 um 55 Prozent verglichen mit dem Niveau von 1990. Das sind 15 Prozentpunkte mehr als der ohnehin bereits umstrittene aktuell geltende Klimaplan der EU. Bereits in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit will die CDU-Politikerin und ehemalige Bundesverteidigungsministerin konkrete Maßnahmen vorschlagen, die zusammengenommen einen europäischen “green deal” ergeben sollen, angelehnt an die berühmten Wirtschaftsreformen des US-amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt mit dem Titel “New Deal”. Bis zum Jahr 2050 soll die Wirtschaft in Europa klimaneutral sein. Insgesamt soll also nicht mehr klimaschädliches CO2 ausgestoßen werden, als die Atmosphäre von selbst wieder absorbieren kann.

Klimapolitik wird hohe Kosten verursachen

Die anspruchsvollen Ziele der neuen EU-Kommissionspräsidentin werden hohe Kosten verursachen. Jedes Jahr werden nach Schätzungen der EU-Kommission mindestens 400 Milliarden Euro an Investitionen erforderlich sein. Ab 2030 rechnen die Experten sogar mit Kosten bis zu 500 Milliarden Euro im Jahr. Damit würden sich die Kosten für Klimaschutz im Vergleich zum aktuellen Niveau verdoppeln.

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Weil der Haushalt für den Zeitraum von 2021 bis 2027 kaum Spielraum für diese Investitionen lässt, setzt von der Leyen auf die Unterstützung der Europäischen Investitionsbank (EIB). Bereits heute spielt das Institut eine bedeutende Rolle in der Finanzierung des Klimawandels. So werden im Rahmen des sogenannten Juncker-Fonds zahlreiche Projekte gefördert. Von der Leyen plant allerdings mit der EIB als einer Art Klimabank der Zukunft. Über die Bank verfügt die EU-Kommission und damit von der Leyen allerdings überhaupt nicht. Die Europäische Investitionsbank steht unter der Kontrolle der Mitgliedstaaten.

Von der Leyens Ernennung war nicht selbstverständlich

Das Ursula von der Leyen überhaupt für den Posten der Kommissionspräsidentin vorgeschlagen wurde, hat sie einem Coup des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu verdanken. Die Europawahl 2019 stand ursprünglich unter dem Motto des Spitzenkandidaten-Modells. Einer der beiden Spitzenkandidaten Frans Timmermans und Manfred Weber sollte nach dem Willen des Europäischen Parlaments und der großen Parteifamilien Europas den Vorsitz in der Kommission erhalten. Nachdem sich die Staats- und Regierungschefs der EU nicht auf einen dieser Kandidaten verständigen konnten, kam von der Leyen als Alternative ins Spiel, die vor allem auch in Osteuropa Zustimmung erhalten konnte.

Vor diesem Hintergrund der mangelnden Unterstützung von der Leyens durch die Abgeordneten im Europaparlament versuchte die erfahrene Politikerin, auch die Stimmen der Grünen für sich zu gewinnen. Das gelang nicht, die anspruchsvollen Klimaziele verfolgt von der Leyen allerdings weiterhin mit großem Engagement.

Britischer Anteil am Klimaschutz könnte wegbrechen

Eine wichtige Säule der EU-Klimapolitik ist bisher auch Großbritannien. Als zweitgrößter Emittent des Klimagases CO2 in Europa spielt das Land eine wichtige Rolle bei der Erreichung der Klimaziele. Doch die britische Politik verfolgt derzeit ganz andere Ziele, vor allem den Austritt aus dem Verbund der Europäischen Union. Damit könnte auch der Beitrag zum Klimaschutz des Landes wegfallen, nachdem Umweltpolitik keine Priorität der neuen Regierung in London mehr ist. Eigentlich sollte das Land seinen Ausstoß des schädlichen Klimagases bis 2030 um 57 Prozent senken und damit einen besonders hohen Beitrag zur Erreichung der Ziele leisten.

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Statt der angepeilten Reduktion des CO2 Ausstoßes um 40 Prozent bis 2030 würde ohne die Briten nur eine Verringerung um 37 Prozent möglich sein. Politik-Experten und Vertreter der EU-Kommission rechnen damit, dass die Briten bei einem harten Brexit nicht länger die EU-Klimaziele stützen würden. Eine weitere Option ist, dass die Briten als Gastgeber der COP26 Klimakonferenz Ende 2020 als Vorreiter in der Klimapolitik mit nationalen eigenen Rezepten punkten wollen. Von der EU würde ein solcher Schritt deutlich größere Anstrengungen verlangen, um die noch höher gesteckten Ziele erreichen zu können.

Die Rechenspiele wären in diesem Fall rein theoretisch. Allerdings würde die EU den Anspruch als weltweiter Vorreiter im Klimaschutz abhandenkommen, sollten die hohen Zielvorgaben in diesem Umfang nicht mehr zu erreichen sein. Insbesondere Deutschland, aber auch Frankreich müssten in der EU in Zukunft noch größere Beiträge in der EU-Klimapolitik leisten, damit die Ziele überhaupt erreichbar bleiben.

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